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Du hast die Wünsche derer gehört, die erlittenes Unrecht geduldig ertragen, Herr; aufmerksam hast du dich ihnen zugewandt und ihr Herz wieder stark gemacht.
Psalm 10,17 (NGÜ)
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Nahe ist der Herr denen, die ein gebrochenes Herz haben. Er rettet alle, die ohne Hoffnung sind.
Psalm 34,19
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Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt: In Deutschland ist fast jede siebte Frau von sexueller Gewalt betroffen. Im Durchschnitt leiden ein bis zwei Kinder pro Schulklasse an den Folgen sexueller Gewalt und auch Männer erfahren sexuellen Missbrauch.
Es ist ein unbequemes Thema. Jahrzehntelang galten sexuelle Übergriffe als Tabu bis sie im Oktober 2017 schlagartig auf die Weltbühne gerückt und durch die #MeToo Bewegung mit einer beispiellosen Wucht zur Sprache gebracht wurden. #MeToo bedeutet: Ich bin auch ein Opfer sexuellen Übergriffs geworden. Menschen berichteten über ihre traumatischen Erlebnisse und forderten (endlich) Gerechtigkeit. Die #MeToo-Bewegung löste gegensätzliche Gefühle und eine gesellschaftliche kontroverse Diskussion darüber aus. Der Bedarf an Aufarbeitung von sexuellen Belästigungen und Missbrauch in vielen Bereichen der Gesellschaft wurde deutlich.
Die Statistiken gelten aber nicht ausschließlich für den „weltlichen“ Bereich. Auch Kirchen und Gemeinden sind betroffen und tragen Verantwortung. Darum ist es wichtig, dass Christen für das Thema sensibilisiert werden. Opfer, die sexuellen Missbrauch erlebt haben, sind traumatisiert. Jeder Mensch reagiert unterschiedlich, häufig treten Traumata in drei Bereichen auf:
- Emotionale Reaktionen: Schamgefühle, Wut, Ablehnung, Trauer, Isolierung
- Psychologische Reaktionen: Angstzustände, Depressionen, Phobien, geringe Selbstachtung
- Physiologische Reaktionen: Angst bezogen auf die körperliche Sicherheit und ein gestörtes Verhältnis zu Nähe und Distanz
Die Folgen spüren nicht nur die Betroffenen sondern auch die Menschen in ihrem direkten Umfeld. Bei der Aufarbeitung dieser Themen ist es wichtig zu wissen, dass nicht jeder ein Fachmann ist. Doch jeder Christ kann beten, sofern die Personen erwachsen sind und ihr Einverständnis geben. Wo unsere eigene Kompetenz an ihre Grenzen stößt, sollten wir professionelle Hilfe vermitteln. Es ist wichtig, mit diesem sensiblen Thema vertrauenswürdig umzugehen - auch im Gebet.
Als Christen haben wir die Aufgabe, Menschen, die Traumatisches erlebt haben, in erster Linie mit Liebe zu begegnen, so wie Gott uns mit Liebe begegnet. Für diese Aufgabe, stärkt uns das Gebet.
Kersten Rieder, Assistentin des Beauftragten der Deutschen Evangelischen Allianz in Berlin, Mitglied im Arbeitskreis Gebet der Evangelischen Allianz Deutschland.