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„Und Gott der HERR sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht.“
1. Mose 2,18
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„Ein jeder von uns lebe so, dass er seinem Nächsten gefalle zum Guten und zur Erbauung. Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, wie es Christus Jesus entspricht, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus. Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre.“
Römer 15,2.5.7
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Seit der Schöpfung der Welt steht die Ehe unter dem Segen Gottes. Wie schön ist es, wenn ein Paar im Vertrauen auf Gott den Schritt in die Ehe wagt. Und doch scheitern auch Ehen von Christen. Wo war da Gott? Wahr ist: Nur weil beide Christen sind, gelingt die Ehe nicht wie von selbst und besser als die von Nichtchristen. Martin Luther nannte die Ehe „ein weltlich Ding“. Für das Zusammenleben von zwei Menschen gelten für alle dieselben Regeln. Doch kann sich ein christliches Paar nicht oft auf die Führung Gottes berufen? „Es ist nicht gut, hier allzu schnell und ergeben von Gottes Willen und Führung zu reden,“ schrieb Dietrich Bonhoeffer an ein befreundetes Paar. „Es ist zunächst durchaus euer selbstgewählter Weg, den ihr beschreitet… Darum tragt auch ihr selbst und allein die Verantwortung dafür, die euch kein Mensch abnehmen kann.“
Wie sieht diese Verantwortung aus? Zunächst bringen beide unbewusst verschiedene Erwartungen mit, die oft unvereinbar sind. Unsere Herkunftsfamilie hat uns geprägt, meist mehr als Gemeinde, Kirche und Glaube. Das ist nicht verschwunden, weil man Christ ist, und auch die Hochzeit macht uns nicht zu anderen Menschen. Es hilft nicht, einander Bibelworte zur Ehe vorzuhalten. Denn jeder versteht die Verse durch die Brille seiner Prägung. Wer hat Recht? Falsche Frage! Gemeinsam müssen beide den für sie allein richtigen Weg finden. Der mag anders sein als der anderer Ehepaare. Meinungs-verschiedenheiten dürfen sein, sogar Streit, auch bei Christen. Wichtiger als Recht haben ist Respekt für die Bedürfnisse und Ansichten des anderen. Respekt ist eine der wichtigsten Seiten der Liebe. Keine Liebe ohne Respekt. Der andere darf anders sein - und bleiben! Er muss nicht so werden, wie ich ihn mir gedacht habe. Gott ist sein Schöpfer, nicht ich.
Respekt, das ist die Begegnung auf Augenhöhe. Wenn nur einer sich unterordnet und ein anderer nur dominiert, ist das Gelingen unwahrscheinlich. Anders herum heißt das: Ich kann mich nicht hängen lassen nach der Hochzeit und dem anderen alle Verantwortung aufbürden. Mein Partner ist nicht verantwortlich für die Erfüllung aller emotionalen Sehnsüchte und Defizite - oder der Schutz vor der bösen Welt - das kann nur Gott, kein Mensch. Deshalb: Der andere ist nicht verantwortlich für mein Lebensglück. Hier lügen alle romantischen Romane und Filme. Tatsächlich haben Christen dann einen Vorteil, wenn sie vom anderen nicht erwarten, was nur Gott ihnen geben kann.
Eine gelingende Ehe braucht also zwei selbstständige Persönlichkeiten. Das ist Reife, Gottes Ziel mit uns. Jeder bleibt ein selbstständiger Mensch und steht alleinverantwortlich vor Gott. Denn jeder - Mann und Frau - hat einen eigenen Weg und eine eigene Aufgabe mit Gott. Daran ändert die Hochzeit nichts. Unsere Identität ist nicht definiert durch die Ehe oder den Partner. Auch in der Ehe darf jeder eigene Zeit haben, Interessen und Freunde, Berufung Gottes. Und vielleicht muss mancher noch lernen, etwa mit Hilfe von Seelsorge und Beratung, eine eigenständige, emotional unabhängige Person zu werden - und damit ein echter Ehepartner und ebenbürtiger Gefährte, auf den man sich verlassen kann. Diesen Weg wird Gott immer segnen - für beide.
Magdalena Paulus, Götzis/Vorarlberg, Juristin, Autorin und Referentin