Gott fügt uns zusammen

Monatliches Allianzgebet für Mai 2022

Vor ein paar Monaten kam jemand mit einem ungewöhnlichen Anliegen zu mir. Er bat mich ihm eine Schale zu t pfern, um sie dann zu zerst ren. Anschließend wollte er die Schale mittels Kintsugi wieder herstellen lassen und seiner Frau schenken. Kintsugi ist eine Technik, in der erfahrene japanische Keramiker zerbrochene Tongefäße mit Hilfe von Mineralien und echtem Gold wieder zusammensetzen. Die Idee, die der Mann hinter dem ungew hnlichen Auftrag hatte, war: Wie das Gold die Risse und Scherben wieder verbindet, heilen Vergebung und Liebe die Verletzungen einer langen Beziehung.

In Psalm 147,3 steht: „Gott heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.“ Gott kennt unsere Narben und Brüche. Unser Leben besteht nicht nur aus dem, was heil und ganz ist. Das, was zerbrochen und kaputt gegangen ist, lässt sich oft nicht rückgängig machen. Das Leben fügt uns Verletzungen zu, seelische und manchmal auch k rperliche. Manchmal entstehen Brüche durch eigene Schuld und Versagen. Gott fügt zusammen und verbindet, was zerbrochen ist. Das sagt er uns zu! Wir sind zerbrechlich und verletzlich und dürfen das akzeptieren und darauf vertrauen, dass Gott selbst aus den Scherben wieder etwas Brauchbares entstehen lässt. Gott heilt unsere Brüche mit einem Goldstaub wie ein Kintsugi-Handwerker. Das Zerbrochene bekommt eine neue Form. Die Risse bleiben sichtbar. Wir müssen die Beschädigungen nicht verstecken. Sie verändern uns. In der neuen Form ist das Alte immer noch enthalten. Aber durch den Goldstaub entsteht eine neue Gestalt. Zerbrochen und doch ganz.

Wir brauchen nicht versuchen, unsere Wunden zu verstecken. Jesus ist der größte Schützer der „geknickten Rohre“ (Mt 12,20), der mitfühlende Töpfer, der die zerbrochenen Stücke wieder zusammenfügt und sie sinnvoller anordnet als zuvor. Nur Jesus kann aus Zerbrochenem Ganzes machen, aber er versteckt die Bruchstellen nicht unbedingt. Paulus, durch dessen Gebete schon viele geheilt wurden, sagte: „Dreimal schon habe ich den Herrn angefleht, mich davon zu befreien. Aber er hat zu mir gesagt:  Meine Gnade ist alles, was du brauchst! Denn gerade wenn du schwach bist, wirkt meine Kraft ganz besonders an dir.  Darum will ich vor allem auf meine Schwachheit stolz sein. Dann nämlich erweist sich die Kraft von Christus an mir“. 2.Kor 12,8-9 (Hoffnung für Alle)

Es ist nicht genau bekannt welche Behinderung Paulus hatte, manche vermuten eine spastische Behinderung, andere eine Sehbehinderung. In demselben Brief schreibt Paulus (2.Kor. 4,7-8): “Wir haben aber solchen Schatz in irdischen Gefäßen, auf dass die überschwängliche Kraft sei Gottes und nicht von uns. Wir haben allenthalben Trübsal, aber wir ängstigen uns nicht; uns ist bange, aber wir verzagen nicht.“ Wir können viel über Heilungen in der Bibel lesen und es gibt sie auch heute noch hier und da, aber oft ist uns gar nicht bewusst, dass einige große Vorbilder in der Bibel selbst mit einer Behinderung lebten. Neben dem Apostel Paulus wissen wir, dass Jakob nach seiner Gottesbegegnung am Fluss Jabbok mit einer Gehbehinderung lebte. Isaak hatte eine starke Sehbehinderung im Alter, Mose wurde zum Führer berufen, obwohl er eine Sprachbehinderung hatte. Mefiboschet, der sich durch einen Unfall als Kind auf der Flucht eine Lähmung zuzog, wurde von K nig David in sein Haus aufgenommen und bekam eigene Felder, die er bewirtschaften lassen konnte. Jesus schlie lich ruft uns explizit dazu auf, Benachteiligten einen Platz in unseren Reihen zu geben.

Jesus sagte in dem Gleichnis vom Gastmahl (Lukas 14, 21-23): „Geh schnell hinaus und hole mir die Armen, die Vernachlässigten, die Behinderten hinein und nötige sie hereinzukommen.“ Gott h lt unser Leben in den H nden und er ist es, der jedem Menschen einen Sinn und Wert verleiht.

Gott sieht die Scherben in unserem Leben und fügt sie behutsam zusammen, wenn wir sie ihm hinhalten. Die Nahtstellen bestäubt er mit Goldstaub, weil es doch gerade die schmerzlichen Erfahrungen sind, die uns besonders prägen und die letztlich in seiner Hand einen besonderen Wert bekommen.

Hinführung

  • Statistisch gesehen sind weltweit die Menschen mit Behinderung die am wenigsten vom Evangelium erreichten.  berlegen Sie, wo es in Ihrer Gemeinde, deren Angeh rige und Ihrer Umgebung Menschen mit Behinderung gibt.
  • Beten Sie darum, wie Sie in Ihrer Gemeinde Menschen mit Behinderung teilhaben lassen k nnen.
  • Überlegen Sie, welche Menschen mit Behinderung in Ihre Gemeinde kommen können und für welche Formen von Behinderungen es Barrieren gibt. Als Hilfestellung dazu dient das Heft Barrierefrei und das Bielefelder Manifest als Download oder Druckversion: https://perspektivforum-behinderung.ead.de/material-downloads/.

Dank

  • Dass Gott uns alle in seinem Bild geschaffen hat (1.Mose 1,27) und wir unabhängig von Leistungsf higkeit und Behinderung unermesslichen Wert haben.
  • Dass es vielen Menschen mit Behinderung möglich ist, auf dem 1. Arbeitsmarkt tätig zu sein.

Fürbitte

  • Wir bitten für Menschen, die sich durch Unfall, Krankheit oder Operation eine Behinderung zugezogen haben und nun, bedingt durch Corona, unter erschwerten Umständen in Krankenhäusern und Reha-Zentren lernen, ihren Alltag neu zu bewältigen.
  • Für Menschen, die an dieser Herausforderung zu zerbrechen drohen und an Suizid denken.
  • Dass noch mehr Menschen mit Behinderung auf dem 1. Arbeitsmarkt eine Chance bekommen.
  • Für Menschen mit Behinderung, die in Einrichtungen leben und während der Pandemie noch mehr isoliert sind als sonst.
  • Dass alleinlebende Menschen mit Handicap in den coronabedingt erschwerten Umständen Unterstützung finden und weiterhin selbstbestimmt leben können.

Liedvorschläge

Der Musiker und Songwriter Thomas Steinlein aus unserem Arbeitskreis schenkt allen Betern zwei seiner Lieder dazu zum Download, Anhören und Mitsingen. Sie finden diese auf der Webseite der Evangelischen Allianz:

  • Jedes Haar
  • So bist du

(beide Thomas Steinlein)

 

Martina Köninger, Leiterin des Arbeitskreises Perspektivforum Behinderung